Skarpnäck Fria Skola –
Freie Schule Skarpnäck
Am 10. April 2008 öffnete die Skarpnäck Fira Skola 1 („Freie Schule Skarpnäck“, „SFS“) am Rande von Stockholm, Schweden, das erste Mal ihre Tore für außenstehende Beobachter 2 aus den Vereinigten Staaten, Europa, einschließlich Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden und der Schweiz.
Der vorliegende einführende Bericht über die SFS vollzieht den Werdegang dieser Schule nach, angefangen vom Entstehen der Vision, dem Saatkorn, bis hin zur Blüte dieses erfolgreichen Programmes – einer Orchideen-Blüte 3 im Dschungel der Bildungslandschaft 4. Dieser Bericht soll veranschaulichen, dass ein Unterricht, der auf Mitgefühl basiert, tatsächlich zu einem wettbewerbsfähigen Produkt am pädagogischen Marktplatz werden kann.
Dieser Bericht umfasst fünf Teile. Die ersten zwei sind Beschreibungen, die anderen drei haben eher analytischen Inhalt.
- Die ursprüngliche Vision
- Beschreibung des Aussehens dieser Blume
- Wie die Vision gepflanzt wurde
- Wie die Vision überlebte, und im Leben der SchülerInnen blühte, und
- wie ein Sämling dieser Vision verpflanzt werden könnte.
Autoren dieser Berichte sind unter anderem Marianne Göthlin, eine der GründerInnen und ersten LehrerInnen der SFS, sowie Roger Sanders, einer der externen Beobachter und ehemaliger Vorstand des „Center for Nonviolent Communication“. Weitergehende Information siehe Anhang.
Das Projekt SFS ist außerordentlich ermutigend.
Die „Swedish National School Authority“ (SNSA) leitete im Jahre 2006 eine detaillierte Analyse dieser Schule. Die Beurteilung der SNSA stimmte objektiv damit überein, was Eltern, Lehrer und SchülerInnen erwartet hatten. Sowohl die Untersuchungsergebnisse der SNSA, als auch die Einstellung der Eltern und die Berichte der Schüler wiederspiegeln ein durchgängiges Bild von hoher schulischer Arbeitsleistung und gleichzeitiger Gewaltfreiheit in dieser Schule.
Dies zeigte sich in folgenden Beobachtungen:
- die Schüler begegnen einander mit Respekt, auf gleicher Augenhöhe und mit ebenbürtiger menschlicher Würde;
- eine hochqualitative Lernumgebung; und
- eine außergewöhnlich hohe Zahl an SchülerInnen mit herausragenden Leistungen, zugelassen für den Übertritt in die nächsthöhere Stufe, während die Noten eindeutig über dem Schwedischen Durchschnitt liegen. 5
Während Sie diese Präsentation lesen, ergänzen Sie bitte die vielversprechenden Möglichkeiten zur Veränderung die in der SFS realisiert sind mit der nüchternen Anerkennung der Tatsache, dass es einer ganz speziellen Energie, Vision und Chemie bedarf, um diese hier geschilderten Möglichkeiten in der SFS und anderswo auch tatsächlich zu verwirklichen.
Bericht
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1. Die ursprüngliche Vision
Im Jahre 1997 entwickelte eine Gruppe gleichgesinnter Eltern in der Nähe Stockholms die Idee, ihre Kinder in eine Schule zu gehen zu lassen, in der die Lehrer die neu aufkommende Praxis der Mitfühlenden Kommunikation verwenden würden. Diese Art zu kommunizieren wird auch „Gewaltfreie Kommunikation“ genannt 6 („GfK“ oder „NVC“, „Nonviolent Communication“). Einige dieser Eltern hatten vorbereitend ein GfK Training besucht. Sie waren begeistert von der Art der Energie die dabei entstand, von der Freiheit, der implizierten Verantwortlichkeit, und von ihrer dabei aufkommenden Hoffnung dass ihre Kinder durch die GfK mehr von ihrem Potential verwirklichen könnten. 7 Sie entwarfen einen neuen Zugang zur Erziehung ihrer Kinder.
Diese Eltern sprachen über ihre Vision mit der GfK-Trainerin Marianne Göthlin. Frau Göthlin hatte über 10 Jahre lang im Schwedischen Regelschulsystem gearbeitet und dort bereits Elemente der GfK eingesetzt und hatte dabei die Erfahrung gemacht, dass die GfK einen gewaltigen Einfluss im Klassenraum hatte. Zusammen begannen sie die Vision der Eltern zu sondieren. Nach vielen Anstrengungen wurde schließlich die Skarpnäck Fria Skola („SFS“, „Freie Schule Skarpnäck“) gegründet.
Obwohl es damals noch viel mehr wichtige Prinzipien zu entwickeln galt, einigten sich die Eltern und die vier beteiligten LehrerInnen vorerst auf folgende Grundsätze:
- Die Haltung der GfK und das Modell der Mitfühlenden Kommunikation würde ein zentrales Element alles Lernens sein;
- sie würden nicht mehr als 100 SchülerInnen aufnehmen; 10 in jedem Alter;
- die Eltern würden grundlegend in Planung, Budget und Erhaltung der neuen Schule involviert sein, während LehrerInnen und Eltern gemeinsam den Besitz verwalten würden.
Dieses beabsichtigte hohe Maß an Teilnahme der Eltern würde es erlauben, die staatlicherseits zugeteilten Finanzmittel an anderer Stelle zu verwenden
8. Dies würde effektiv die Chance erhöhen, diese Schule zum Erfolg zu führen. -
2. Beschreibung des Aussehens dieser Blume
Die Präsentation, welche beim Tag der Offenen Tür am 10. April 2008 von der Gründerin Marianne Göthlin und Kiki Nilsson, der früheren Direktorin und heutigen Lehrerin in Skarpnäck gezeigt wurde, kann im Anhang angesehen werden.
Sie können ihr verschiedene wichtige Punkte entnehmen; im Besonderen sind es aber zwei philosophische Fundamente, die für die Gründung einer Schule wie der SFS entscheidend sind: Mitgefühl und „GfK-Bewusstsein“.
Hätte der SFS-Unterricht in einer regulären staatlichen Schule stattgefunden, dann wären die Lehrer verpflichtet gewesen, den traditionellen, gewohnheitsmäßigen Regeln, Bestimmungen, Beschränkungen und Abläufen zu folgen. Die Eltern hätten nicht bei der Erhaltung und dem Reinigen des Eigentums mithelfen dürfen.
In Skarpnäck hingegen war es möglich, die Geldmittel die für Erhaltung und Reinigung gedacht waren, in jenen Teil des Budgets umzuleiten, der für die Anstellung von Lehrern vorgesehen war.
Es war lebensnotwendig für diese Schule, das Budget frei einteilen zu können, ebenso wie sicherzustellen, dass die Administration im Geiste auf einer Linie liegt mit den Lehrern, sodass in den Augen der Kinder die Lehr – und Verwaltungsaufgaben übergangslos stattfinden. Die Absicht besteht darin, die gleiche GfK-Haltung der Zusammenarbeit und der menschlichen Akzeptanz alle Aspekte der Schule durchdringen zu lassen. 9
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3. Wie die Vision gepflanzt wurde
Rückblickend wird klar, dass jene Elternversammlung im Jahre 1997 bereits die leitende Vision hervorbrachte, dass die Kinder mehr zu geben hätten und mehr lernen könnten, als in einer typischen öffentlichen Schule zu erwarten war.
Diese Eltern waren zuversichtlich, dass es eine Schule geben sollte, die mehr von dem in den Kindern angelegten Potential wecken würde. Sie spürten, dass die Ideen M. Rosenbergs 10 zur „Gewaltfreien Kommunikation“ den Schlüssel enthielten, um dieses Potential zu eröffnen.
Diese Vision war im Grunde Teil einer noch weitergehenden Weltsicht, einer Offenheit für alles, das auf irgendeine Weise einem gesunden Verständnis der Welt, und des Potentials ihrer Kinder in ihr dienlich ist.
Mittelpunkt dieser Ideen ist die Kraft der Offenheit, welche von der GfK freigelegt wird. Der große Wunsch, die GfK zum Herzstück dieses Erziehungssystems zu machen brachte die Eltern dazu, mit Marianne Göthlin Kontakt aufzunehmen. Diese Verbindung erwies sich als geradezu ideal, hatte Göthlin doch bereits einige Jahre lang in einer Klasse des öffentlichen Schulsystems ein GFK-Umfeld aufgebaut und in diesem unterrichtet.
Nach einer Reihe von Treffen zwischen Eltern, Lehren und Regierungsvertretern, wurde schließlich die Freie Schule Skarpnäck gegründet. Vierundzwanzig Schüler und Schülerinnen im Alter von 6-9 Jahren wurden angemeldet. Vier LehrerInnen wurden angestellt, Göthlin und noch drei andere. Eltern-Komitees erledigten Schulwart-Arbeiten und hielten die Schule sauber um Kosten zu sparen, damit trotz den begrenzten staatlichen Geldmitteln mehr Lehrer angestellt werden konnten. 11 Ein Koch wurde gefunden, der alle mit nahrhaften, biologischen Mahlzeiten und Snacks versorgen sollte. 12
Der Unterricht begann im August 1998.
Das Saatkorn der Skarpnäck Fria Skola war gepflanzt. 13
Göthlin und ihre Kollegin Kiki Nilsson erinnern sich mit liebevollen, amüsierten Worten daran, dass zur damaligen Zeit der ersten Schritte viele Dinge des täglichen Ablaufes in ziemlichem Chaos verliefen:
Wie sollte der Lehrplan aussehen?
Wie sollten sie die Haltung vermitteln, in der neuen Offenheit frei zu lernen? – Frei von all den traditionell geprägten Erwartungen von Belohnung und Strafe?
Wie sollten sie die Idee verankern, dass Schüler von sich aus initiativ werden?
Wie sollten sie bei den SchülerInnen Wertschätzung für die Möglichkeit hervorrufen, so viel wie möglich zu lernen?
Auf welche Weise könnten sie Spaß und den Sinn für Abenteuer erhalten, sodass SchülerInnen UND LehrerInnen jeden Tag aufs Neue wieder gerne in die Schule kämen, und sich jeden Tag aufs Neue von ganzem Herzen auf die täglich neuen aktuellen Möglichkeiten und Notwendigkeiten einlassen würden?
14.All diese Fragen, zugleich der andauernde Druck ständiger Telefonate, Schüler die zu spät vom Arztbesuch zurück kamen, Verhandlungen mit Lebensmittellieferanten, Installateuren, Elektrikern, Gebäude-Inspektoren, das Ausfüllen von Formularen für die Schulverwaltung, das Ausarbeiten von Stundenplänen, das Ermutigen der Entmutigten und das Aufbauen eines sinnvollen Ablaufplanes inmitten der chaotisch anmutenden Variablen dieses neuen Unternehmens, führten zu einem erschöpfenden, energieraubenden Zustand.
Göthlin und andere mussten Vieles von neuem herausfinden, was in öffentlichen Schulen bereits alltäglich und üblich war, einfach deswegen, weil es sich hier trotz allem um eine Bildungseinrichtung handelt.
Mit einem liebenswürdigen Lächeln berichtet Göthlin am Tag der offenen Tür, wie sehr sie und die anderen LehrerInnen oft am Rande der Erschöpfung gestanden waren, als sie einfach nicht mehr gewusst hatten, wie sie den nächsten Tag überstehen sollten. Dann aber, erzählt sie, gab es hin und wieder so einen zutiefst ermutigenden Zen-artigen Moment, in dem einem Schüler „der Knopf aufging“: das half dann wieder persönliche Perspektiven zu sehen, sie konnten wieder die Stimmung eines neuen Schülers heben, konnten einander wieder etwas von der frischen Energie lehren die von der Anwendung der GFK ausging, sie bewegten sich wieder weg von einem Gefühl der Aussichtslosigkeit, hin zur Zuversicht mittels der Strategie der kleinen Schritte, oft auch mit der Hilfe eines anderen Schülers. „So etwas hob unsere Stimmung für Tage.“, erinnert sich Göthlin. „Das war genau jene Art der Ermutigung die wir brauchten, um weiterhin an unsere Vision zu glauben.“
Es war nicht leicht. Tag für Tag ermutigte die SFS-Gemeinschaft die Schüler und Schülerinnen, Verantwortung zu übernehmen, Spaß am Lernen zu haben, dem Weg der eigenen Seele zu folgen, um den benötigten Stoff auf ihre eigene Weise zu erfassen. Eltern und Lehrer hatten zugestimmt, die Klassengröße zu limitieren um jene pädagogisch hoch qualitative Ausrichtung bei GfK-ausgebildeten LehrerInnen zu unterstützen, die über ein traditionelles rein mechanisches Lernen hinaus, ein freieres Umherstreifen des Geistes innerhalb einer vom Lehrer überblick baren Struktur ermöglichen soll.
Es war ein wenig, als würde man die Zahl der Fußballspieler verringern und die Zahl der Trainer erhöhen. Es wurde von den Kindern erwartet, dass sie einem gewissen Muster von Ordnung und Respekt folgten, sich aber bei der Frage was, wann und wie zu lernen sei, nicht vollkommen an den Vorgaben der Lehrer orientieren sollten.
Göthlin erinnert sich, dass manche SchülerInnen über zwei Jahre benötigten um ihre eigene Erwartungshaltung zu überwinden, dass Lehrer und Lehrerinnen den Lernprozess initiieren müssten. „Sie fragten einfach immer wieder um Erlaubnis, als ob sie auf uns warten müssten um zu lernen“. Der Aufbau des Vertrauens, dass wir das was wir sagten wir auch tatsächlich ernst meinten, brauchte seine Zeit, und viele, viele Gespräche.
Sie zögert kurz und schildert dann voll Stolz das Beispiel 15 eines Schülers, der beim Schuleintritt beschlossen hatte, nur über Bilder zu kommunizieren. Er verbrachte seine ganze Zeit damit, zu zeichnen. Er zeichnete, und zeichnete, und zeichnete, dies war seine Art zu kommunizieren. Eltern und Lehrer waren besorgt. Und doch übten sie sich in Geduld. Wenn das also nun die Art und Weise dieses Schülers war sich mitzuteilen, dann würden sie diese Ausdrucksweise respektieren. Also gaben sie ihm einen noch größeren Skizzenblock und ermutigten ihn, weiterhin zu zeichnen. Langsam begann er, wie bei einem Cartoon oder einer illustrierten Botschaft einzelne Worte in seine Bilder zu schreiben. Als er die Schule verließ, war er Filmemacher. Und er beherrschte den erforderlichen Lernstoff, den er sich allerdings auf seine ganz eigene Art und Weise und innerhalb seiner eigenen Fähigkeiten angeeignet hatte. Die Haltung im Sinne der GfK, aufmerksam zuzuhören, hatte die Lehrer durch diese ungewöhnliche Erfahrung geleitet und zu einem hervorragenden Ergebnis geführt, das wohl nur wenige in traditionellen Schulen vorhergesagt hätten.
Diese Geschichte ist nur eine von vielen ungewöhnlichen Erfolgsgeschichten dieser Kinder, welche die duldsame Umarmung der SFS als Rückzugsort gewählt hatten, um dem Mobbing und der Erfahrung von menschlicher Zurückweisung in anderen Schulen zu entkommen.
Trotz all der Frustration wurde aus der oft fieberhaften Aktivität der Lehrer, Eltern und Mitarbeiter, um es mit einer Metapher zu sagen, ein heilsamer, unterstützender Wirbelwind, der schließlich zu einem Kokon wurde für ruhiges, sicheres Lernen. Die kräftige, beharrliche Arbeit schuf einen Schutz für jene, die im Auge dieses beinahe chaotischen Sturms vollkommen ruhig lernen konnten. Lehrer und Eltern durften in die Klassenräume hineingehen und konnten den Schülern bei ihrer Arbeit zusehen, während gleichzeitig draußen all die realen Dinge herumschwirrten, wie da sind: Anforderungen der Schulbehörden, Budgetprobleme, Anfänger-Lernkurven und so weiter. Irgendwie war aus dieser bedeutsamen Vision der Eltern durch Einsatz einer riesigen Menge harter Arbeit und mit großem Vertrauen, fruchtbare Erde mit einer optimalen Zusammensetzung von Nährstoffen geworden. Die Vision hatte begonnen zu blühen und war nun eine kleine, wunderschöne Pflanze geworden.
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4. Wie die Vision überlebte, wuchs und blühte
Jahre vergingen. Mittlerweile hatten die Lehrer bemerkt, dass jene Qualitäten der SFS, die gut eingewurzelt waren, immer offensichtlicher wurden. Schultag für Schultag waren die Kalenderblätter zu Boden gefallen, wie die Blätter eines Baumes in einem Wald, hatten den Erdboden bedeckt, nur um nach einiger Zeit wieder Teil desselben zu werden, Teil des Nährbodens für weiteres Wachstum. Die SFS-Blätter waren Blätter der Erfahrung, sie fielen auf den ursprünglichen Boden der kollektiven Vision.
Dies waren Blätter elterlicher Unterstützung, des Aufräumens, der Konversation, des Kochens, der Ermutigung. Dies waren Blätter der Lehrervorbereitung, der Beratung und Leitung. Dies waren Blätter der Offenheit von SchülerInnen, aus Spaß am Lernen, und Blätter des Erlangens. Dies waren Blätter, welche das Paradigma der Verantwortung zu Lernen weg vom Lehrer, und hin zu den Kindern verschoben.
Vom bescheidenen Anfang an hatte sich die benötigte Zusammensetzung des Nährbodens für diese empfindsame Pflanze unmerklich begonnen zu ändern. Sie hatte sich weiter entwickelt. Göthlin und ihre Kolleginnen hatten das erst nicht gemerkt. Sie waren viel zu beschäftigt gewesen herumzulaufen, Lehrer in den Klassen zu halten, dafür zu sorgen, dass sie sich der stets wandelnden Dynamik jedes Raumes anpassten, sich den täglich und stündlich verändernden Vorgaben der Schulverwaltung, des Budgets, der Eltern, der Gruppenprojekte, sowie sich den speziellen (medizinischen und psychischen) Bedürfnissen speziell geforderter Schüler anzupassen, oder einfach nur die Anforderungen durchzustehen, die nötig sind um jene mitfühlende Lernumgebung, welche die ursprüngliche Inspiration für die SFS gewesen war, abzusichern.
An irgendeinem Punkt fiel es ihnen dann auf. Die Zahl der ursprünglichen Eltern die noch immer in der Schule aktiv waren, war gesunken. Etliche Schüler, die von Anfang an dabei gewesen waren, hatten die Schule abgeschlossen oder ihre Familien waren weggezogen; das Maß der elterlichen Hilfeleistung war gesunken. Das alles war so langsam geschehen, dass es zuerst gar nicht auffiel. Und auf gleichsam unmerkliche Weise war zugleich die Selbstbestimmung der Schüler gestiegen:
Wenn neue Schüler oder Lehrer in die SFS kamen, übernahmen es die bereits eingelebten Schüler und Schülerinnen gekonnt, ihnen die Art und Weise des GfK-Lernens beizubringen, wie ein Fluss, der neue Schwimmer ständig und von sich heraus in seinen Sog zieht. Es wurde weniger Energie benötigt um die nötigen Verhaltensweisen aufzubauen, und noch weniger Energie, um sie zu erhalten.
Die vergangenen Kalendertage der Erfahrung hatten die ursprüngliche Vision gleichsam gedüngt und genährt. Schüler, Lehrer, Verwalter und Eltern benötigten eindeutig weniger Zeit um die Vision zu definieren, zu klären und zu verinnerlichen. Während der Boden nach und nach durch ihre kollektiven, manchmal schmerzvollen Erfahrungen reicher geworden war, war die SFS-Blume in die Höhe gewachsen. Überlebensthemen verschwanden, und alle begannen mehr und mehr zu verstehen, wie es gelungen war, das zu erreichen, was sie erreicht hatten.
Als ihnen dieses Verständnis dämmerte, kamen die in der SFS tätigen Menschen mehr und mehr in die Lage zu überlegen, ob ihre Vision nicht auch Sämlinge produzieren könnte, die sich mittels einer ähnlichen Kombination von Arbeit und Hilfsmitteln auch anders wo hin verpflanzen ließen.
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5. Wie Sämlinge umgepflanzt werden könnten
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Erfahrung
Die Skarpnäck Fria Skola hat nun eine Dekade an Erfahrung.
Das zahlenmäßige Lehrer/Schüler Verhältnis war von Anfang an gemessen am Schwedischen Standard extrem hoch gewesen: 4 LehrerInnen zu 24 SchülerInnen. Dieses Zahlenverhältnis hatte sich über die Jahre weg verändert, und im Schuljahr 2007/08 betrug es nur mehr 9 LehrerInnen zu 80 SchülerInnen. Die Schule bietet Ganztagsbetreuung von 7:30h bis 17:00h für die jüngeren SchülerInnen an, das dafür benötigte Extra-Personal wird dabei auch als „Lehrer“ gezählt, ebenso wie persönliche Coaches einzelner SchülerInnen, und der Koch; sie alle arbeiten ja zusammen, um diese Vision zu verwirklichen.
Diese Zahlen geben einen Eindruck von dem, was die GründerInnen der SFS für unerlässlich hielten: genügend Raum und Zeit für qualitätsvolle Verbindungen zwischen jenen zu geben die wissen, wie man mit mitfühlender Energie leitend tätig ist und jenen, die gerade erst ihr eigenes Potential entdecken. 16 Mag auch außerhalb der Klassenräume eine wirbelwindartige administrative Turbulenz notwendig gewesen sein, so erwarteten die Eltern doch innerhalb dieser einen friedlichen Raum, in dem ihre Kinder ihr Potential entfalten können. Und im Großen und Ganzen hatten sie diesen.
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Sieben Struktur-Elemente
Ob sie es nun zu Beginn bereits so genau ausdrücken konnten oder nicht, nachträglich zeigte sich jedenfalls, dass diese Eltern auf einer sieben Elemente umfassenden Schulstruktur beharrt hatten:
1. Hohe Qualität
sie erwarteten sich etwas mehr, als von einer normalen Schule: Den Willen sich zu engagieren und Wege zu finden, die über die Tradition hinaus gehen, um demokratische Werte wirklich zu leben.
2. Eine Vision
Die hineingesteckte Energie sollte auf gleiche Weise wieder zurück kommen und Frucht tragen: Die Eltern vertrauten ihre Kinder jenen an, die Erfahrung in Gewaltfreier Kommunikation hatten, und das sollte eine erhöhte Möglichkeit zur Entwicklung des Potentials ihrer Kinder schaffen. Für die Energie, welche sie investierten, sollte auch etwas zurückkommen;
3. Eine spezielle Kombination von lebenserhaltenden Elementen.
Das bedeutet:
- Elternmitarbeit: Sich auf die Vision einzulassen und sich mit ihr zu identifizieren;
- Öffentlicher Verwaltungsrahmen: Die rechtliche Voraussetzung zu schaffen, eine Schule auf diese Weise zu strukturieren;
- Qualifikation der Lehrer: Ausgebildet sowohl in ihrem Unterrichts-Fach als auch in Gewaltfreier Kommunikation;
- Chance für SchülerInnen: Offenheit für neue Vorgehensweisen sowie vollständige Aufnahme und Akzeptanz der Person;
- Administrativer Mut: Chaos zu riskieren, Müdigkeit und Veränderung – das führt zum Erfolg.
4. Gegenseitige Förderung
von SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen durch SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen.
5. Verhältnismäßigkeit
gemeint ist das richtige Maß im Verhältnis von Schülern zu Lehrern und anderen Ressourcen zu finden um Beständigkeit zu gewährleisten.
6. Erkennbare Ergebnisse
gemessen an den gesellschaftlich etablierten Wettbewerbs-Bedingungen.
7. Regelmäßige Erneuerung:
inspiriert durch die belebende Wirkung der SFS-Lernerfahrung wird es möglich, die ursprüngliche der SFS Erfahrung zugrunde liegende Vision zu bewerten und zu erneuern.
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Praktische Ratschläge
In diese Pflanzerde-Mischung, die das Wachstum der SFS anfangs gefördert hatte, waren unterschiedliche Mengen dieser Zutaten eingegangen. Wie hoch die genaue Prozentangabe der jeweiligen Zutaten sein soll um den Erfolg zu garantieren, ist schwer einzuschätzen. Nur so viel kann man sagen, dass von jeder der Komponenten die angebrachte, benötigte Menge vorhanden sein muss, um die SFS-Erfahrung andernorts zu wiederholen. Wenn wir all das bedenken, was wir über die Wiederholbarkeit so einer Erfahrung wissen und auch nicht wissen, dann erinnert uns das an die demütigende Erkenntnis der Autorin Byron Katie über das Heraufdämmern des neuen Zeitalters der Entwicklung des Lebens im Universum:
„Das Fazit all dessen ist, dass wir in einem Universum leben, dessen Alter wir nicht einschätzen können, umgeben von Sternen, deren Entfernung wir nicht kennen, gefüllt mit Materie, die wir nicht identifizieren können. Und wir handeln in Übereinstimmung mit physikalischen Gesetzen, deren Eigenschaften wir nicht wirklich verstehen.“18
Man weiß eine Menge in der SFS, vieles aber auch nicht; zu dieser Haltung gehört eine gesunde Bescheidenheit und Respekt für das, was der frühere tschechische Präsident Vaclav Havel „die heimliche Verbundenheit aller Phänomene“ 19 nannte.
Während also die Gründer noch mit Komponenten eines Substrates für eine SFS-Erfahrung experimentieren und darin herumrühren, können sie trotzdem jetzt schon Ratschläge geben um die Perspektive zu erweitern. Diese Hinweise zu beherzigen ist wie wenn man den Rat eines erfahrenen Gärtners darüber einholt, wie oft und mit wie viel Wasser man einen bestimmten Sämling gießen-, und wie lange man ihn dem Sonnenlicht aussetzen soll, um ihm die optimalen Startbedingungen zu geben.
Darum hier ein paar praktische Ratschläge:
Präzise Leitung:
Kümmern Sie sich weniger um Perfektion als darum, dass Sie innerlich von den richtigen Kräften und Impulsen geleitet werden: Kommen diese aus einem Ort des Mitgefühls? Tragen sie zum Reichtum des Lebens bei? Die wahre Natur der Arbeit mit Kindern die mit Hilfe der überraschend belebenden Energie der GfK lernen, heißt Kurskorrektur. Das Finden der richtigen Ausrichtung ist viel wichtiger als die Sorge, man müsste öfter die Richtung zu ändern.
Schrittweise Veränderung:
Es empfiehlt sich, die Sache entspannt anzugehen. Veränderungen geschehen langsam, Zentimeter für Zentimeter
20, das liegt in der Natur der Dinge.Neigung in Richtung Mitgefühl:
Vergegenwärtigen sie sich, dass zuverlässige Änderungen in Organisationen stets langsam vor sich gehen. Bleiben Sie einfach geneigt, tendieren sie nur in die gewählte Richtung, bleiben Sie lieber beweglich, als dass sie beginnen darauf zu drängen, dass sich eine Organisation rasch von einem bestimmten Verhaltensmuster trennt.
Geduld, auf den Wendepunkt zu warten:
Manchmal geht der Lernfortschritt nur sehr langsam voran, bis dann plötzlich, wie Malcom Gladwell es lehrt, ein dramatischer Wandel geschieht, sobald die kritische Masse erreicht ist. Und das ist immer so, egal wie lange es braucht, bis diese kritische Masse erreicht ist: nehmen wir als Beispiel das in Amerika plötzlich verhängte Rauchverbot im öffentlichen Raum, oder den Fall der Berliner Mauer.21
Das paradoxe Prinzip des umgekehrten Beitrags:
Das Eintreten einer hoffnungslosen Lage kann tatsächlich Erfolg auslösen, da eine generell verminderte Erwartungshaltung zugleich Erfolgsdruck nimmt, was wiederum eine höhere Leistung wahrscheinlich macht. Probieren Sie es einfach aus. Könnte sein, dass sie schließlich von der Qualität sich selbsterneuernder Energie überrascht sind, die sie bei solch einer Sichtweise entsteht.
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Anhänge
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Schlussbetrachtung
Diese Zusammenstellung beinhaltet keine Garantie, keinen Bauplan, kein Franchise-Konzept für eine neue Schul-Pädagogik, keine Prognose, schon gar keine Aussicht auf das, was jemand anderer in einer anderen Situation, mit anderen Mitteln, andern Kräften, anderen Vorstellungen, und anderem Aufwand erreichen kann. Sie ist einfach ein Bild, eine Vision, eine Liste von Rezept-Zutaten, welche die SFS GründerInnen verwenden würden, um das „Erlebnis SFS“ zu wiederholen. Dieser Bericht schlägt verschiedene Komponenten für die Pflanzerde vor, in welche man vielleicht einen SFS Ableger einpflanzen könnte. Wie es aber dieser Verpflanzung in Somalia, in Bosnien oder in Ecuador ergehen würde, ist klarerweise noch weniger berechenbar als es für andere Teile Schwedens wäre, oder für die skandinavischen Nachbarstaaten, deren Schulpolitik der schwedischen ähnlich ist.
Es liegt im Ermessen des Lesers/der Leserin, ob er/sie das Wagnis eingehen möchte, einen konzeptuellen Ableger der seltenen SFS-Orchidee zu pflanzen. Hilfreich könnte es sein, SchülerInnen zu interviewen, die sowohl die SFS, als auch eine öffentlich-staatliche Schule besucht haben, oder ihre Eltern danach zu fragen, worin sich diese beiden Schultypen unterscheiden. Es könnte auch von Wert sein, den unvoreingenommenen Evaluationsbericht der Schwedischen Nationalen Schulbehörde zu lesen. Und natürlich bietet es sich an, die Skarpnäck Fria Skola selbst zu besuchen, um aus erster Hand Einblick darüber zu gewinnen, was diese Schule zu bieten hat.
Ob Sie nun persönlich in die SFS kommen möchten, oder sich den nötigen Einblick durch das Lesen dieses Berichts verschaffen, es könnte es sein, dass Sie schließlich ein ähnliches Gefühl überkommt wie es Charles Darwin überkam, nachdem er die Geologischen Prinzipien des Geologen Charles Lyell gelesen hatte:
„ Es war der große Verdienst der Prinzipien, dass sie in mir die ganze Geisteshaltung veränderten, mit der Folge, dass ich auch Dinge die Lyell selbst noch nie gesehen hatte, teilweise durch seine Augen zu sehen begann.“ 22
Vielleicht gewinnen wir aufgrund der Kenntnis dieser zehn Jahre dauernden Entwicklung plötzlich die Erkenntnis, dass das kindliche Entwicklungspotential hier einen neuen Verbündeten gefunden hat. Vielleicht sieht die Leserin / der Leser nach gründlicher Untersuchung der SFS Belange all die Möglichkeiten zur Erneuerung des Erziehungswesens ein wenig durch unsere Augen, und erkennt die darin lebende große Hoffnung auf Veränderung.
Darüber hinaus ist es die ausdrückliche Hoffnung der Autorin, Leserinnen und Leser dieses Artikels mögen die Balance zwischen Optimismus und Realismus behalten. Es gilt auch jetzt noch – auch für jene, die bereits in der Skarpnäck Fria Skola tätig sind – Vieles gründlicher und besser verstehen zu lernen.
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Inspektionsbericht
Kurze Zusammenfassung des Inspektionsberichtes der „National School Authority“ (SNSA) („Nationale Schulbehörde“)
(Für mehr Information über die Rolle der SNSA siehe Fußnote 5)
„Die Inspektoren befanden das Umfeld, welche die Skarpnäck Fira Skola den SchülerInnen zur Verfügung stellt als friedlich und sicher. Lehrer und Lehrerinnen sind sehr engagiert. Die Schule bietet auf sehr gute Weise Raum für Fragen über Demokratie, das Leben und Ethik. Der Lernfortschritt der SchülerInnen hat hohe Qualität. Die SchülerInnen haben individuelle Lernpläne, welche Eltern und SchülerInnen einen guten Überblick über den Stand jener Bereiche geben, die noch entwickelt werden müssen.“
Normen und Werte:
Alle Gespräche ergaben das konstante Bild von Abwesenheit gewaltsamer Vorkommnisse oder Aktionen in dieser Schule. Eltern berichten, dass Lehrer sich mit ihnen in Verbindung setzen, sobald die Kinder auffällig werden. Schüler und Schülerinnen sagen aus, sich sicher zu fühlen. Aus der Beobachtung des täglichen Arbeitsablaufes und aus diesen Gesprächen geht klar hervor, dass die SchülerInnen Akzeptanz für die Gleichwertigkeit aller Menschen besitzen. Alle Gespräche ergaben das konstante Bild von Abwesenheit gewaltsamer Vorkommnisse oder Aktionen in dieser Schule. Eltern berichten, dass Lehrer sich mit ihnen in Verbindung setzen, sobald die Kinder auffällig werden. Schüler und Schülerinnen sagen aus, sich sicher zu fühlen. Aus der Beobachtung des täglichen Arbeitsablaufes und aus diesen Gesprächen geht klar hervor, dass die SchülerInnen Akzeptanz für die Gleichwertigkeit aller Menschen besitzen.
Schüler und Schülerinnen berichten, dass sie die Möglichkeit weitgehender Beeinflussung ihrer Studien haben, so wie Einfluss auf die Arbeit in der Schule generell. Eltern erzählen, dass ihre Kinder sehr bewusst die Konzepte und die Bedeutung von Demokratie verstehen. Die Schüler und Schülerinnen beschreiben, dass sie lernen, was Demokratie ist. Inspektoren bewerten das Ergebnis, auf welche Weise die Schule mit Werten und Normen umgeht, als von sehr hoher Qualität.
Wissen:
Die Schüler und Schülerinnen berichten, dass sie viel in der Schule lernen und dass sie zuversichtlich sind, auch in den weiterbildenden Schulen gut zu Recht zu kommen. Die offiziellen Statistiken für 2006 zeigen auf, dass die AbsolventInnen der Abschlussklasse der Skarpnäck Fria Skola (9. Schulstufe) bessere Noten aufweisen, des weiteren eine größere Zahl von SchülerInnen, die zum Aufsteigen in die nächste Schulstufe berechtigt sind, und eine höhere Zahl an SchülerInnen die gute Leistungen in allen Schulfächern vorweisen, als der lokale – und nationale – Durchschnitt.
Arbeit in der spezifischen Lernumgebung und Einflussnahme:
Im jährlichen Qualitätsbericht der Schule befindet sich eine Beschreibung der schulischen Arbeit mit den Themen Einflussnahme, Gleichheit und demokratische Werte. Laut den von uns geführten Interviews arbeitet die Schule aktiv mit Werten die auf der Gewaltfreien Kommunikation basieren. Durch verschiedene Formen wie szenische Darstellungen, Diskussionen und den täglichen bewussten Umgang miteinander, werden die SchülerInnen trainiert, gute Partner zu sein, und sich umeinander zu kümmern. Während des Besuches beobachteten die Inspektoren, wie dies in der ganzen Schule integrierter Bestandteil ist. Die Inspektoren betonen, dass sowohl die Lernumgebung als auch die Art der Einflussnahme in dieser Schule von sehr hoher Qualität ist.“
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Schülerinnen und Schüler berichten
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"Über unsere Schule", geschrieben von Gabriella, 14
„Es war im Herbst 98, als eine neue Schule geboren werden sollte. War es eine von diesen „normalen“ Schulen? Nein, ganz im Gegenteil. Das war eine neue Schule mit einem brandneuen Konzept. Mit nur 24 Kindern fing sie an, und sie arbeitete sich hinauf bis an die Spitze. Was war also dieses Konzept? Naja, im Grunde war das Neue daran, dass die Eltern sehr eingebunden waren in diese Schule. In dieser Schule sollte es möglich sein, dass die Stimme jedes einzelnen gehört würde. Nicht nur die der Eltern, auch die der Schüler und Schülerinnen.
Heute hat die Schule ungefähr 80-90 Schüler. Das erscheint Ihnen vielleicht wenig, aber in Wirklichkeit wollen wir das in unserer Schule so.
Dinge die in unserer Schule anders sind.
Da ist eine Reihe von Dingen in dieser Schule, die sie von anderen unterscheidet. Hier sind einige dieser Dinge, die diese Schule zu etwas besonderem machen:
Keine Hausübung.
Beinahe in jeder anderen Schule gibt es Hausübungen, nicht aber in unserer Schule. Ist das nun gut oder schlecht? Natürlich finden die meisten Kinder, dass das eine sehr gute Sache ist. Genau genommen glaube ich das auch. Nicht weil ich Schülerin bin und denke, dass sie zu viel von meiner Freizeit nehmen würden, sondern weil ich nicht glaube, dass Hausübungen immer sinnvoll sind. Vielleicht ist es manchmal notwendig, aber bestimmt nicht immer. Man kann selbst Verantwortung übernehmen und zuhause lernen, wenn es nötig ist. Dessen sind sich die meisten SchülerInnen hier in dieser Schule bewusst.
Sie ist kleiner.
Viele anderen Schulen haben ungefähr 500-1000 Schüler, während wir meist nur 90 haben. Manche Schüler in der Schule denken vielleicht, dass es in so einer kleinen Schule langweilig ist, wo du jeden kennst und jeder dich kennt. Und natürlich scheint es auch manchmal so zu sein. Aber in Wirklichkeit denke ich, dass es mehr positive als negative Gründe dafür gibt, in eine kleine Schule zu gehen. Was uns auch schon zum nächsten Punkt bringt…
Besserer Kontakt zwischen Schülern und Lehrern.
Da die Schule kleiner ist als die meisten anderen Schulen denke ich, dass es leichter ist, guten Kontakt mit den Lehrern aufzubauen. Ich persönlich mag das sehr gerne, dass ich wirklich guten Kontakt mit den Lehrern habe.
Mobben – nicht unser Stil
Ich glaube in dieser Schule wird niemand gemobbt. Ich glaube die Schüler und Schülerinnen an dieser Schule haben einfach Besseres zu tun, als einander zu mobben. Ich glaube auch dass es was damit zu tun hat, dass diese Schule klein ist.
Da sie so klein ist, sieht jeder was geschieht. Wenn ein Schüler zu einem anderen gemein ist und ein dritter Schüler sieht das, dann kann dieser dritte demjenigen der gemein ist sagen, dass er aufhören soll. Und hoffentlich hört die gemeine Person dann auf. Und wenn nicht, dann kannst du einen Lehrer um Hilfe bitten. Dann können sich alle zusammen hinsetzen und darüber sprechen, was das Problem ist.
Diese Schule verglichen mit anderen Schulen.
Ich habe fast meine ganze Schulzeit in dieser Schule verbracht, aber als ich in der dritten Klasse war, entschied meine Familie, aus der Stadt wegzuziehen. Daher war ich von der 4. Bis zur 7. Schulstufe in anderen Schulen. Ich war in vier anderen Schulen. Also ich kann euch sagen, dass ich wirklich einige Erfahrung mit anderen Schulen habe.
Auf der einen Seite sind sehr viele Dinge anders in dieser Schule. Aber auf der anderen Seite ist es nicht wirklich so sehr anders. Es ist nicht so, dass diese Schule ein komplett anderes System hat als andere Schulen, aber es ist …. einfach anders. Wenn Sie genau wissen möchten, was daran anders ist, schauen Sie zur Überschrift „Dinge die in dieser Schule anders sind“.
Es ist nicht eine einzelne Sache, die diese Schule zu etwas Besonderem macht. Es sind viele verschiedene Dinge, gemischt mit anderen.„
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"Skarpnäck Fria Skola", geschrieben von Lara, 15
„Unsere Schule ist eine Elternkooperative, das bedeutet, dass die Eltern und Lehrer diese Schule gemeinsam besitzen. Die Eltern erhalten immer Informationen über die neuesten Entwicklungen, aber auch über unsere neuesten Pläne und Projekte. Sie sind in der Lage, wichtige Entscheidungen zu beeinflussen, weil sie alle Vorstandsmitglieder sind.
Da unsere Schule so klein ist, kennen sich alle. Wir kennen alle unsere Namen und die Eltern kümmern sich um die Schüler. Die Sache mit den Namen macht es leichter miteinander zu reden oder Gespräche zu beginnen. Ich denke die Eltern sind sehr froh darüber, dass sie einander kennen. Es ist zwar nicht gerade so, dass man auch in der Freizeit zusammen herumhängt, aber es ist eindeutig nicht jene kalte Atmosphäre, die ich in meiner alten Schule erlebt habe. Ich bin in eine große Schule gegangen mit 1000 SchülerInnen, und wir hatten ungefähr 20 verschiedene Lehrer. Sie hatten überhaupt keine Kontrolle, und die Lehrer sahen uns nicht als individuelle Personen an. Sie sahen uns als Gruppen, und sie hatten kein Interesse daran, es auch nur zu versuchen, mit uns in besseren Kontakt zu kommen. Als ich in der vierten Stufe war, hatte ich genug. Natürlich war es schwer zu gehen und mich von all meinen langjährigen Freundinnen zu trennen, aber Skarpnäcks Fria sollte ein neuer Anfang werden. Ich war sehr überrascht, wie uns die Lehrer dort behandelten.
Mit den Lehrern hier kann man sehr leicht sprechen, sie sind sehr offen und jung. Ich glaube es ist wichtig dass sie jung sind, denn so haben wir das Gefühl, dass wir mit ihnen nicht nur als Lehrer in guten Kontakt kommen, sondern auch als verständnisvolle Freunde. Es gibt hier kein Machtspiel zwischen den Lehrern und es ist für einen Schüler einfach toll zu sehen, dass die Lehrer ein gutes Verhältnis zueinander haben. Sie sind wie eine große Familie. Und zu sehen, wie diese ambitionierten Menschen daran arbeiten diese Atmosphäre hier so nett zu machen, macht einem Lust darauf sich einzubringen und etwas zu schaffen; so viele SchülerInnen fühlen sich wirklich wohl, hier zur Schule zu gehen. Das Gefühl, ernst genommen zu werden ist sehr wichtig für junge Menschen, besonders wenn es um schulische Dinge geht, denn wir verbringen unsere meiste Zeit hier und das macht es auch etwas leichter am Morgen aufzustehen, wenn du weißt, dass du an einen Ort gehst, wo du alles beeinflussen kannst, von Aussehen des Klassenraumes angefangen bis zur Entscheidung, wer der neue Lehrer sein wird.
Wir werden (zumindest meistens) sehr mit einbezogen in große Entscheidungen, und zu wissen, dass die Erwachsenen auf uns hören, erhöht unser Interesse noch. Das klingt sehr ungewöhnlich für junge Leute unseres Alters, die nicht nur zur Schule gehen, sondern auch Hausübungen haben. Wir haben grundsätzlich keine Hausübungen, die Lehrer geben uns also keine Arbeit mit nach Hause und wir machen all unsere Projekte innerhalb der Schulzeit. Natürlich können wir Hausübungen machen wenn wir wollen und der Gruppe etwas hinterher sind, aber das ist unsere eigene Entscheidung. Ich glaube dass die Idee, eine hausübungsfreie Schule zu machen, viele Leute beängstigt. Viele sind überrascht und glauben, dass wir dumm sind, weil wir in unserer Freizeit keine Übungen machen, aber das ist einfach Unsinn. Natürlich lernen wir, aber Hausübung macht auf die Leute einen großen Druck, sie sind nicht frei zu tun was sie möchten, und die freie Zeit ist doch dafür da um sich zu entspannen und Energie zu tanken um am nächsten Tag wieder zur Schule zu gehen und sich einzubringen. Ich weiß, dass viele Menschen dieser ganzen Idee sehr skeptisch gegenüber sind, aber für mich macht sie wirklich Sinn. Und das Ergebnis unserer Tests beweist, dass das für uns funktioniert. Natürlich braucht es eine Menge Selbstverantwortung, die Projekte bis zu einem bestimmten Zeitpunkt fertig zu bekommen. Also ist das keine Art von Arbeit für Leute, die es brauchen, dass sie die ganze Zeit angetrieben werden, denn unsere Lehrer sind nicht sehr streng. Sie haben eine etwas weichere Art und wie ich es zuvor schon gesagt habe, ist es sehr leicht mit ihnen zu sprechen. Diese etwas weichere Art bringt es mit sich, dass unsere Tage mit Aktivitäten voll sind, die uns Spaß machen, mit Lachen und interessanten Gesprächen; also ich kann diese Schule wirklich nur empfehlen für Menschen die unsicher sind, oder Angst haben, sie selbst zu sein.
Skarpnäcks Fria ist ein Ort, wo jeder akzeptiert wird, auch wenn jemand andere Kleidung trägt, einen anderen Stil oder andere Gedanken hat. Die SchülerInnen sind sehr gemischt, aber die Größe der Schule begrenzt die Freiheit viele Freunde zu finden. Es ist manchmal etwas schwer, neue Freunde zu finden, wenn es nur eine einzige Klasse mit Gleichaltrigen gibt. Das ist also einer der Nachteile in unserer Schule. Ich gebe auch zu, dass ich es nicht mag, dass unsere Schule viel am Hut hat mit dieser „Wald- und Camping“-Geschichte. Ich häng gern herum und bin gern außerhalb der Schule, aber ehrlichgesagt liege ich lieber am Strand in der Sommersonne und ruhe mich aus, anstatt frierend in einem Wald zu sitzen und zu lernen wie man ohne moderne Annehmlichkeiten überlebt. Ich finde das langweilig und nicht sehr sinnvoll. Da sitze ich lieber in der Klasse und lese ein Buch. Wie auch immer, das sind halt meine persönlichen Gedanken. Es gibt bei uns Schüler und Lehrer, die das Leben im Freien wirklich lieben.“
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"Ein Besuch in unserer Schule", geschrieben von Karl, 15
„Ich begann in dieser Schule Anfang der neunten Schulstufe. Die ersten zwei Jahre der Sekundarstufe verbrachte ich in einer anderen Schule, aber während der 8 Schulstufe lief es für mich dort nicht mehr so gut. Ich mochte die Schule überhaupt nicht, meine Klasse war sehr chaotisch und den Lehrern war das offensichtlich egal. Ich blieb der Schule ein halbes Jahr fern, wegen der Atmosphäre dort. Während der Sommerferien suchten meine Mutter und ich nach einer anderen Schule, und bekamen von Freunden den Tipp, uns diese Schule anzusehen. Und nun bin ich also hier.
Ich mag diese Schule wirklich wegen der Art und Weise, wie wir hier arbeiten. Dass wir keine Hausübung haben ist eine gute Idee, denn (zumindest denke ich so), wenn ich Hausarbeiten hatte, dann wollte ich sie einfach nur hinter mich gebracht haben, es war mir vollkommen egal, ob ich irgendetwas lernte, ich wollte sie einfach erledigt haben, damit ich danach das tun konnte, was ich wollte. Wenn also jemand meint, dass Hausübungen dazu gut sind etwas zu lernen, dann liegen sie falsch. Ja, falsch! Jeder, mit dem ich darüber gesprochen habe, sagt das gleiche. Sie wollen sie einfach erledigt haben, wenn du sie 10 Minuten später fragst, worum es in der Hausübung eigentlich ging, dann erinnern sie sich nicht mehr daran. Sie ist einfach sinnlos.
Ich glaube, dass die Schule so klein ist, ist für das Lernen gut. Die Lehrer haben mehr Zeit für jeden einzelnen, und es ist einfach besser, so wenige zu sein! Trotzdem glaube ich, einige finden es langweilig, dass wir so wenige sind. Ich mag aber die Art, wie wir hier mit verschiedenen Themen und größeren Projekten arbeiten. Das ist viel interessanter als das, was ich sie von anderen Schulen gewohnt bin. Es funktioniert eben nicht so, dass man einfach nur ein Buch liest, und dann Fragen darüber beantwortet. Man sollte die Schüler dahin bringen, dass es für sie interessant wird Dinge zu lernen, und man sollte das auf eine witzige Weise tun, – so werden sie viel mehr lernen.
Diese Schule ist auch deswegen anders als die anderen wegen der Atmosphäre hier. Im Unterricht kannst du zum Beispiel etwas sagen, ohne Angst haben zu müssen dass dich jemand auslacht weil es dumm klingt, und das ist wirklich nicht das, was ich gewohnt war. In der früheren Klasse war es sehr still, das bin ich zwar auch jetzt noch, aber das ist nur deswegen, weil ich es so gelernt habe. Keiner mag es, wenn dich jemand beschimpft oder so, nur weil du den Mund aufmachst. Hier ermutigen sie dich zu sprechen, und das ist toll. Die Lehrer hier scheinen sich sehr ihrer Arbeit zu widmen, verglichen zu meiner letzten Schule, da macht es mehr Spaß zu lernen, und es ist leichter.
Ich bin ziemlich sicher, dass in dieser Schule nicht gemobbt wird, jedenfalls hab ich so etwas noch nicht mitbekommen. Wegen der Atmosphäre hier würden das andere Schüler sofort stoppen, wenn es jemand täte. Hier herrscht ein Gefühl von Sicherheit. Ich weiß gar nicht, ob sie hier wirklich irgendetwas gegen das Mobben tun, aber ich habe auch nicht das Gefühl, dass das notwendig wäre. Es existiert hier einfach nicht.“
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Die Autoren
Hintergrund der Mitwirkenden an diesem Bericht
Marianne Göthlin
Geboren in Stockholm, Schweden, erhielt 1988 die Lehrbefähigung des Lehrer-Institutes in Stockholm (Name?), danach begann sie zu unterrichten. Danach arbeitete 10 Jahre lang als Lehrerin im öffentlichen Schwedischen Schulsystem. Einen Wendepunkt in ihrer pädagogischen Richtung brachte jedenfalls seit 1990 ihre Ausbildung in Gewaltfreier Kommunikation, die ihre Art zu unterrichten direkt beeinflusste und schließlich zur Gründung der SFS führte.
Primär war Göthlin von den Lehren Dr. Marshall Rosenbergs beeinflusst und von einer seiner ersten zertifizierten Trainerinnen, Towe Widstrand aus Schweden. Widstrand erwies sich als Freundin, Mentorin und Geschäftspartnerin.
Obwohl Göthlin weiterhin die Arbeit der SFS regelmäßig unterstützt, ist sie heute nicht mehr die ganze Zeit in der Schule anwesend. Sie ist allerdings auf Abruf vorhanden, ist eine Sprecherin, zertifizierte GfK- Trainerin und Beraterin sowohl in Skandinavien als auch weltweit.
Um die täglichen Aufgaben der Schulverwaltung kümmert sich derzeit ihre langjährige Kollegin Kiki Nilsson, eine vollzeitbeschäftigte Lehrerin und frühere Schuldirektorin, sowie Martin Söderström, der derzeitige Direktor der Schule, wobei beide ein tiefgründiges Verständnis und eine reiche Erfahrung in Gewaltfreier Kommunikation besitzen.Roger Sanders
Stammt aus den USA, studierte an der Universität Edinburgh und graduierte an der Baylor Universität in Freien Künsten und Rechtswissenschaft.
Er unterrichtet Wirtschaftsrecht und Organisation im Austin College, Texas, USA, arbeitet als Rechtsanwalt und zertifizierter Mediator.
Als er 1999 mit dem GfK Training begann, wurde er stark beeinflusst von Widstrand – sowohl als Trainer wie auch als Rollenmodell in geschäftsähnlichen Entscheidungssituationen.
Sein Interesse dafür, wie man Organisationen strukturieren kann, damit sie in eine mitfühlende Richtung zu tendieren, führte Sanders neulich in die SFS zum Tag der offenen Tür.
Er ist ehemaliger Vorstandsvorsitzender des Zentrums für Gewaltfreie Kommunikation (CNVC). -
Diashow
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1. Skarpnäck Fria Skola, gegründet 1998
Skarpnäck Fira Skola (SFS) begann als Initiative einer weniger Eltern, die mit der autoritären Struktur der Schulen ihrer Kinder unzufrieden waren. Sie waren voll Sorge, da ihre sieben Jahre alten Kinder jetzt schon begonnen hatten, ihr Interesse am Schulbesuch und am Lernen zu verlieren. Diese Eltern wollten eine andere Schule für ihre Kinder, eine, die von jenen respektvollen, mitfühlenden Beziehungen und demokratischen Prinzipien geleitet sein sollte, wie sie auch im nationalen Lehrplan festgelegt waren; einen Ort, wo ihre Kinder in ihrem Lernen aktiver, und frei sein könnten, sich selbst auszudrücken.
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2. Wir wünschten uns...
dass die SchülerInnen den Spaß am Lernen all die Schuljahre hindurch behalten würden.
Als wir diese Schule gründeten, war einer unserer Träume, dass wir unsere Schüler und Schülerinnen zum Zeitpunkt wo sie nach neun Jahren die Schule verließen, ebenso eifrig und lernmotiviert sehen wollten wie an ihrem ersten Schultag. Wir empfinden es als unakzeptabel, dass Kinder im Laufe des Schulbesuchs die Verbindung zu ihrer natürlichen forschenden Neugier und zu ihrer Inspiration verlieren. Daher unterstützen wir unsere SchülerInnen darin, aus ihrer inneren Motivation heraus zu arbeiten. Wir beziehen sie so weit wie möglich in das Planen des Inhalts und der Methoden mit ein, und wir unterstützen ihre unterschiedlichen Lernwege, Lernstile und ihr eigenes Lerntempo.
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3. Gemeinsame Visionen in Skarpnäck
Es war unser Ziel, eine Schulgemeinschaft bestehend aus Kindern, Eltern und Lehrern zu bilden, um …
- eine Schule zu schaffen, in der sinnvoll (effizient) gelernt wird,
- die im öffentlichen Lehrplan verankerten demokratischen Werte zu verwirklichen,
- aktives Lernen in Schule, Gesellschaft und in der Natur zu ermöglichen
- uns auf Ernährung und Umwelt konzentrieren zu können
- Gewaltfreie Kommunikation (GfK) als unsere Richtlinie und Inspiration zu verwenden.
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4. Wodurch wird Lernen verhindert?
Wir wussten bereits aus eigener reicher Erfahrung, was wir in unserer Schule nicht wollten, und was dem freudvollen Lernen in die Quere kommen kann. Zum Beispiel Schulglocken die mitten im Lernprozess rasseln und diesen unterbrechen, oder die Tradition der kurzen Schulstunden und den häufigen Wechsel der Lernfächer. Aus diesem Grund arbeiten wir ohne Schulglocken und wir planen längere Lerneinheiten von 1-2 Stunden, um die konzentrierte Beschäftigung zu fördern. Auch planen wir längere Pausen ein, damit sich die Kinder in ihr Spiel vertiefen können und in allen Jahreszeiten mehr vom Tageslicht haben. Es war eine wirkliche Herausforderung, in all der Freiheit genau das herauszufinden und zu erschaffen, was wir wirklich wollten, auch weil da so viele Seiten und Sichtweisen zu bedenken und zu diskutieren waren, inklusive der öffentlichen Lehrpläne und Schulgesetze. Wir blieben konsequent darin, nicht weiter den traditionellen schulischen Normen zu folgen, wenn wir den Eindruck hatten, dass diese nicht mehr unserer Vision entsprachen, und zogen es vor, mit dem Chaos des Nichtwissens umgehen zu lernen.
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5. Eine Schule, in der SchülerInnen gerne lernen, ohne Strafe oder Belohnung.
Ich persönlich glaube, das was am meisten die Freude am Lernen nehmen kann, ist das fordernde „du solltest“ oder „du musst“, das ist jene Einstellung, die auf Belohnung und Strafe basiert und im traditionellen Schulsystem verankert ist. Daher war es für uns von Anfang an vollkommen klar, dass wir die Sprache und die Grundsätze der Gewaltfreien Kommunikation (GfK) verwenden wollten, um einen Paradigmenwechsel herbeizuführen und einen Ort zu schaffen, an dem sinnvolles Lernen möglich sein sollte, und wo jeder auf seine Eigene Weise lernt, mit Autoritäten in Bezug zu treten.
Wir hatten beschlossen, keine verpflichtenden Hausübungen einzuführen. Wir sahen es als wahrscheinlich an, dass Kinder, die die meiste Zeit des Tages in der Schule verbringen, im Laufe des Tages genug „gelernt“ hätten. Es sollte genügend Zeit für freies Spiel, Integration, Freizeit und Entspannung vorhanden sein. Diese Politik der „freiwilligen Hausübung“ erzeugte in den Eltern zuerst gewisse Angst. Heute sind wir in der glücklichen Lage, auf die staatlichen Evaluierungen hinweisen zu können, die zeigen dass unsere SchülerInnen auch ohne verpflichtende Hausübungen in mehr lernen als der landesweite Durchschnitt.
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6. Wenn du dich sicher fühlst, und akzeptiert wirst wie immer du auch bist, dann ist es leicht zu lernen und leicht, offen zu sein für die Zusammenarbeit mit anderen.
Wir begannen dieses Unternehmen aus dem inneren Impuls, dass Schule viel mehr Spaß machen und um vieles effektiver sein könnte, als die meisten von uns erfahren hatten. Wir sahen die Verbindung zwischen unserem Lehrplan und der GfK und wir brannten darauf, neue und lebensbekräftigende Methoden und Wege der Erziehung zu finden und zu erforschen. Einige von uns teilten miteinander bestimmte Ideen und einfache Weisheiten:
Unerlässliche Vorausbedingung für das freie (und effiziente) Lernen sind die Erfüllung des Bedürfnisses nach Sicherheit, nach Angenommen sein und nach Miteinbeziehung.
Im Zustand des Stresses ist das Gehirn nicht lernbereit.
Aus diesem Grund betonen wir die Notwendigkeit, partnerschaftliche Beziehungen aufzubauen, und wir stimmen klar darin überein wie wichtig es ist, die unterstützende Lernumgebung auf Basis von Anteilnahme und der Zusammenarbeit mit den SchülerInnen einzurichten. -
7. Eine Giraffenschule?
Wir haben es uns nicht als Ziel gesetzt, Kindern formell GfK beizubringen. Allerdings stimmten die Lehrer darin überein dass es wichtig sei, das Bewusstsein der GfK zu leben: Den Kindern zuzuhören, und sich auf gleiche Weise um die Bedürfnisse der Kinder wie um die Bedürfnisse der Erwachsenen zu kümmern – sich eben darauf zu konzentrieren, Bedürfnisse zu erfüllen. Wir wollten und eine Schulumgebung zu schaffen, in der wir alle gleichermaßen geben und empfangen sollten, auf eine Weise die wir genießen können.
Wenn man allerdings unter einer „Giraffenschule“ ein Schule versteht,
- …in der es eine von gegenseitigem Respekt getragene, dem Leben dienende Gemeinschaft gibt, in der Schüler und Schülerinnen, Lehrer und Lehrerinnen, Eltern und das gesamte Personal gemeinsam und von einander lernen,
- …wo Lerngegenstände und auch sämtliche Regeln von all jenen gemeinsam bestimmt, beschlossen und getragen werden, die von ihnen betroffen sind,
- …wo Lernen von wirklichen, wesentlichen Werten, Bedürfnissen und Wünschen motiviert ist, und
- …wo kein wie auch immer gearteter Zwang ausgeübt wird,
– dann sind wir wahrhaftig eine jener Schulen dieses Planeten, in der diese Werte hochgehalten werden und die es wahrhaftig anstrebt, sich in diese Richtung zu entwickeln.
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8. In der Skarpnäck Fria Skola…
Begrenzte SchülerInnenzahl:
- Maximal 100 SchülerInnen
Organisation, Kooperative Teilnahme
- Geteilte Verantwortlichkeit, Sinn für das gemeinsame Eigentum
- Wir haben die gleiche Vision
- Meetings werden ganz nach Bedarf abgehalten
Innere und äußere Atmosphäre
- Persönlich und respektvoll, mit einer Haltung der Offenheit
- Partnerschaftliche Beziehungen
- Ein Ort, an dem man sich gerne aufhält und gerne lernt
Die Kompetenz der Lehrer und ihr Engagement
- Grundlegende Haltung entsprechend der GfK
- Fachspezifische Ausbildung UND Fähigkeit der Konfliktlösung
Fortgesetzte Evaluation
- Dialog darüber, ob wir erfolgreich sind oder nicht
- Flexibilität betreffend unsere eigenen Methoden
Die SFS begann im Herbst 1998 mit vierundzwanzig Kindern zwischen 6 und 9, und mit vier Lehrern. Zehn Jahre später haben wir nun achtzig SchülerInnen, zwischen 6 und 15, sowie 9 LehrerInnen.
Wir organisierten die Schule als Kooperative, wo Eltern sowohl Teil des Führungsteams waren, als auch Teil der Administration und der Gebäudeerhaltung. Ganz bewusst haben wir zu Beginn auf die Einsetzung eines Schuldirektors, also auf eine hierarchische Form verzichtet, da wir aufgrund unserer Erfahrung der tiefen Überzeugung waren, dass eine Führung von oben herab uns nicht dienlich wäre, und wir in unseren Werten bezüglich Gleichheit und geteilter Verantwortlichkeit übereinstimmten. Während der letzten Jahre aber, nachdem die Schule gewachsen war, gab es bei uns dann doch einen Direktor, weil das für uns eine Vereinfachung und Strukturverbesserung bedeutete. -
9. Auf welche Weise wird Autorität eingesetzt?
Wann wird der lenkende Einfluss des Lehrers zur Überwältigung anstatt zur Förderung demokratischer Werte?
Wann nimmt der Lehrer seine Verantwortung nicht wahr, mit dem Ergebnis dass der Schüler verunsichert stehen gelassen wird?
Während sich in manchen Schulen die Gewaltbereitschaft vergrößert, kämpfen dort viele Lehrer mit der Frage, auf welche Weise sie ihre Macht als Autorität benutzen sollen. Sie möchten mit Respekt behandelt werden, aber die „gute alte Zeit“ als Schüler den Lehrern von selbst gehorchten ist vorbei. Daher wird die Auseinandersetzung damit, wie es möglich wäre eine starke Autorität zu sein, ohne unnötig große oder grobe Worte zu verwenden immer wichtiger. Die GfK bietet hier die klarste Antwort, die ich finden konnte.
Die Lehrerinnen und Lehrer der SFS haben all das über die Jahre hinweg erforscht und mittlerweile zusammen mit den SchülerInnen daraus ein richtig tragkräftiges Kraft-Feld entwickelt. -
10. Wirkliche Zusammenarbeit ...
… entsteht dann, wenn die Teilnehmenden das Vertrauen gewinnen, dass ihre eigenen Bedürfnisse und Werte anerkannt werden.
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11. Zitate aus dem Evaluationsbericht der Erziehungsbehörden 2006
- „Alle Gespräche ergaben das konstante Bild von Abwesenheit gewaltsamer Vorkommnisse oder Aktionen in dieser Schule. Aus der Beobachtung des täglichen Arbeitsablaufes und aus diesen Gesprächen geht klar hervor, dass die SchülerInnen Akzeptanz für die Gleichwertigkeit aller Menschen besitzen.“
- „Die Inspektoren betonen, dass sowohl die Lernumgebung als auch die Art der Einflussnahme in dieser Schule von sehr hoher Qualität sind.“
- „Die Zahl von SchülerInnen, die zum Aufsteigen in die nächste Schulstufe berechtigt sind, und die Zahl an SchülerInnen die gute Leistungen in allen Schulfächern vorweisen, ist höher als der lokale – und nationale – Durchschnitt.“
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12. Wir haben Prioritäten gesetzt:
- – Mehr Lehrer und kleinere Gruppen
- – Von „Kontrolle dynamischer Prozesse“ zu „Dynamischer Kontrolle“
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13. Führungsqualität im Klassenraum
Kooperative Autorität – man kümmert sich um Individuen, um sich selbst und um die Gruppe.
Konzentration auf den Aufbau von Fähigkeiten – Innere Motivation hervorrufen.
Klare Vorgaben – verständlich und in Worten ausgedrückt
Regeln zusammen mit SchülerInnen entwerfen – Gemeinsames Schaffen einer Lernumgebung, die allen dienlich ist.
Kompetenz darin, mit Konflikten umzugehen.
Sich für Werte starkmachen: Ein klares NEIN sagen, wenn etwas nicht akzeptabel ist. -
14. Eltern sind Teil des Führungsteams, der Verwaltung und der Erhaltung der Schule
Eltern werden in die Verantwortlichkeit mit einbezogen und arbeiten zusammen, um die Bedürfnisse ihre Kinder nach Geborgenheit und Sicherheit zu erfüllen, damit sie sich in der Schulgemeinschaft öffnen für Anteilnahme und für Gespräche über den Unterricht und das Lernen, des weiteren um Renovierungsarbeiten zu übernehmen und die Schule zu erhalten, und damit wir mit den so ersparten finanziellen Mitteln mehr Lehrer anstellen können.
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15. Wir verflechten soziales Lernen in all unsere Lernaktivitäten
Wenn du etwas beherrschst, kannst du es anderen auch beibringen – wir alle sind Lehrer und Lernende.
Schüler müssen bei ihrem Schulaufenthalt und in ihrem Lernen zu einem gemeinsamen Prozess eingeladen werden. Sie benötigen eine Lernumgebung, in der sie die Erfahrung machen können, gleichermaßen etwas zu nehmen als auch etwas zu geben. -
16. Jeder hat besondere Bedürfnisse
In der SFS werden alle Kinder in die normalen Klassen integriert. Wir heißen Unterschiede willkommen und sehen sie als Mittel. Sie ermöglichen uns allen Toleranz und Gegenseitige Fürsorglichkeit zu lernen. Die Struktur unserer Arbeit ist dazu da, die Gruppe zu unterstützen. Die Länge der Unterrichtseinheiten und deren Inhalt müssen sich mit der Gruppe verändern. Unsere Organisation ist so flexibel, dass sie sich im Laufe der Zeit mit der Entwicklung der Gruppe verändern kann.
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17. Mit einbezogen zu werden ...
und beeinflussen zu können in Dinge die einen selbst betreffen, das ist ein wesentlicher Wert in der Gewaltfreien Kommunikation – dies ist unsere Schule.
Die Kinder lernen engagiert, sie arbeiten zusammen und unterstützen einander, sie haben gelernt sich selbst eine Lernumgebung zu schaffen, die flexibel genug ist, ihren jeweils momentanen Bedürfnissen zu entsprechen. Was ich immer wieder von unseren Besuchern höre, ist dass unsere SchülerInnen sehr ruhig sind, sehr miteinander verbunden und sehr entspannt. Es ist hier offensichtlich nicht nötig zu schreien, Lärm zu machen oder „andere zu stören“, da ganz allgemein ihr Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Beachtung erfüllt ist.
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18. Ein Fest der Unterschiedlichkeiten ...
– in der eigenen Einzigartigkeit gesehen und gehört zu werden.
Zitat eines Elternteils:
Das Selbstwertgefühl meiner Kinder wächst jeden Tag. Ich merke wie gut es ihnen tut, gesehen und wahrgenommen zu werden. In dieser Schule herrscht ein Sinn für Toleranz den ich sonst noch nirgends so gesehen habe. Du kannst sein wie du bist, ohne irgendwelche Vorhaltungen oder insgeheimer Verhaltensvorgaben anderer. Von diesen Bedingungen profitieren alle. Vor zwei Jahren sah ich bei einem Fußballspiel zu, wo 6-jährige ebenso wie 14-jährige teilnahmen, und das aller faszinierende daran war zu sehen, wie die Kinder ihre eigenen Regeln machten. Natürlich waren die Regeln einfacher für die 6-jhrigen, aber mehr noch: – sogar ein 13-jähriger, der im Fußballspiel noch keine Übung hatte, durfte in der Gruppe der geübten – jedoch mit den leichteren Regeln mitspielen.
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19. GfK gibt dir die Mittel in die Hand, du selbst sein zu können, zusammen mit anderen.
Wir verbringen genügend Zeit im Freien, wo jeder für sich selbst leicht genug Platz finden kann er selbst zu sein, und bringen diesen inneren Raum dann wieder mit uns in die Schulumgebung.
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20. Die eigene Verantwortung übernehmen
Du lernst nur dann, deine eigene Verantwortung wahrzunehmen, wenn du ermutigt wirst, auf deine eigenen Gefühle zu hören, dich selbst auszudrücken und dich selbst realistisch einzuschätzen, – und wenn du dabei ernsthaft wahrgenommen wirst.
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21. Lehrer sind das Rollenmodell
Lehrer sind das Rollenmodell, an denen die SchülerInnen lernen, mit Konflikten umzugehen, und in alltäglichen Situationen demokratische Werte anzuwenden.
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22. Unsere Einstellung zu Konflikten und wie wir mit ihnen umgehen
Wir sehen Konflikte als Möglichkeit, etwas über uns selbst und andere zu lernen.
Wir nehmen ausgedrückte Gefühle an und nehmen sie ernst.
Sofortige Reaktion – oder Interaktion – der Lehrer.
Wir hören auf mitfühlende Weise alle Parteien.
Wir helfen den SchülerInnen, respektvolle Worte in ihren Reaktionen zu finden.
Wir helfen den SchülerInnen, so zu handeln, dass es für alle passt. -
23. Zuhören, zuhören, zuhören ….
… eine Erfahrung der Verbindung und des Verstehens.
Wir üben das Zuhören, daraus entwickelt sich das Vertrauen, dass wir mit schwierigen Gesprächen umgehen können. Wir beobachten häufig, dass unsere SchülerInnen sich eine Auszeit nehmen, wenn es Uneinigkeiten gibt. Sie hören sich abwechselnd zu um einander zu verstehen. Wenn sie keinen Weg finden, dann bitten sie Lehrer um Hilfe. -
24. Was tun wir, um dem Mobbing in unserer Schule vorzubeugen?
Wir unterstützen das Finden von bewertungs-freien Lösungen. Hier machen Kinder die Erfahrung, dass sie Unterstützung finden, keine Strafe.
Es ist nur natürlich, aktiv zu werden oder lauter zu sprechen, wenn man etwas das geschieht nicht mag. Wir ermutigen zur Ehrlichkeit und schätzen ihren Wert hoch ein.
Wenn die Bedürfnisse aller gleichermaßen wertgeschätzt werden, dann nennt man das demokratische Herangehensweise.
Es ist wichtiger Bestandteil unserer Pädagogik, die Verantwortung für die eigenen Handlungen zu übernehmen, und zwar sowohl für den eigenen Lernfortschritt als auch für die Art und Weise, wie man mit Freunden und LehrerInnen umgeht.
Einbeziehung aller – zusammen machen wir diese Schule zu unserer Schule. -
25. Worum wir kämpfen?
- Starke Autoritäten zu sein ohne die Macht zu übersteuern.
- Eine Balance zu finden zwischen Bedürfnissen von SchülerInnen und LehrerInnen
- Balance zu finden zwischen Bedürfnissen Einzelner und der Gruppe
- Eltern dazu bringen, sich zu engagieren
- Den Kommunikationsfluss in unserer Schulgemeinschaft offen zu halten, und neu hinzukommende Personen zu integrieren.
Es ist ein andauernder Balanceakt für die LehrerInnen mit dem Dilemma umzugehen, dass die SchülerInnen einerseits selbstständig und selbstverantwortlich lernen und dass anderseits die Lehrer ihre Verantwortung gegenüber den SchülerInnen wahrnehmen sollen, sie in der langfristigen Entwicklung und dem Aufbau ihrer Fertigkeiten und Fähigkeiten zu unterstützen.
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26. GfK Training in der Skarpnäck Fria Skola
Jährliche Einführung für neue Mitglieder: 2 Stunden bis zu einem Tag
Lehrergruppe
1 oder zwei Tage zu Beginn jedes Schuljahres
Einen halben Tag jedes Monat
Freiwilliger Besuch von Workshops
Individuelle GfK-Konsultation
Individuelle Wahl von GfK-Büchern und Materialien.Eltern:
Monatliche Übungsgruppe
Offene Einladung, an den GfK-Workshops teilzunehmen, die von der Schule veranstaltet werdenSchülerInnen:
Lernen die GfK hauptsächlich von der Art und Weise, wie LehrerInnen zu ihnen in Kontakt treten und ihnen GfK vorleben. -
27. Voll Vertrauen gehen wir gemeinsam.
Dieses Bild stammt von einem unserer Ausflüge einer Klasse 9-10 jähriger SchülerInnen. Im Geografie-Unterricht hatte ein Schüler die Idee, einen bestimmten Berg im Norden Schwedens zu besteigen. Die Reise wurde von LehrerInnen und Eltern gemeinsam organisiert und alle SchülerInnen stiegen auf diesen Berg: eine wirkliche Herausforderung, da sie sich ganz auf einander verlassen mussten, um den Aufstieg zum Gipfel zu schaffen, und sie alle zogen großen Gewinn aus dieser Erfahrung.
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28. Wir möchten mit unsern Schülern In Verbindung treten ...
… als Bergkameraden in einer außergewöhnlich schönen Reise in die Berge des Lebens.
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