„Kosmische Erziehung“ als Weg in eine tolerante und solidarische Gesellschaft
Benefiz-Vortrag von Claus-Dieter Kaul
am 25.11.2010 im Amtshaus Brigittenau auf Einladung der ILB Brigittenau.
Auf den „Brettern die die Welt bedeuten“, gleich neben dem Klavier, liegt am Boden ausgebreitet eine große Weltkarte, auf deren Kontinenten und Ländern gruppiert Statuetten und Symbole der wichtigsten Religionen und Kulte, ein schöner Anblick. Er spricht es in den ersten Minuten seines Vortrages aus: Im Grunde sprechen die Weisen aller Religionen und Weltanschauungen die gleiche Sprache: die Sprache des Respektes vor dem Mensch-sein, die Sprache der Solidarität. Nur die Form ihres Glaubens ist unterschiedlich, so unterschiedlich eben wie der Reichtum des Lebens.
Ich erlebe Claus-Dieter Kaul zum ersten Mal. Vieles was er sagt, erscheint als wäre es vollkommen selbstverständlich – ein Phänomen das man von Menschen kennet die Wahres vermitteln – als wollten sie uns bloß in Erinnerung rufen, wie das Leben besser sein kann, an ein Wissen das tief in unserem Inneren bereits angelegt ist.
Dann eine Rückschau: Vor dem Jahr 1988 gab es in Europa (bis auf England) keinerlei Literatur über die „Kosmische Erziehung“.
Maria Montessori hatte von dieser nämlich erstmals 1945 in Vorträgen in Indien erzählt, und zwar in englischer Sprache. Und bis 1988 hatte sich eben niemand gefunden, der die Mitschriften dieser Vorträge in die deutsche Sprache übersetzt hätte. (Ein Teil dieser jungen Übersetzung siehe Kasten)
Folglich, so erzählt Claus-Dieter Kaul, war er zuerst in Amerika diesem Konzept der „Kosmischen Erziehung“ begegnet, wo er sich auch enthusiastisch ihres hohen Wertes bewusst wurde. Zurück in Deutschland wurde er jedoch mit Skepsis begrüßt: ‚…ja, aber das ist ja nicht kontrollierbar, – der „Kosmos“ – , das ist ausufernd, das können wir hier nicht so unterrichten…’Vom Enschluss jedoch, gerade hier, im deutschsprachigen Raum entsprechende Aufklärungsarbeit zu leisten, war nicht mehr abzugehen.
Kaul schildert, dass die Kosmische Erziehung eines neugierigen, umfassend gebildeten und interessierten Pädagogen bedarf, der sich selbst kennen gelernt hat, und erfahren darin ist, sich stets selbst zu reflektieren.
Eine Lehrerin oder ein Lehrer im Sinne der „Kosmischen Erziehung“ unterrichtet nicht korrigierend, sondern stets nur lehrend und demonstrierend, und fordert so das Kind heraus.
Es bedarf eines Menschen, der trotz seines reichen Wissens selbst noch immer auf der Suche nach der Vielfalt des Lebens ist, und der durch seinen eigenen Forscherdrang und sein eigenes Staunen das Feuer der Wissbegierde, das in den Kindern bereits brennt, wach hält, – und diesem Feuer, um es zu schüren, aktiv vielfältige Nahrung darbringt. Er sät Samen des Wissens in großer Zahl, und ermöglicht deren vitales Wachstum mit seiner Fürsorge.
Wenn ich es recht verstehe, muss dieser Pädagoge seine eigenen Bedürfnisse kennen, fähig sein, mit ihnen auf sozial verträgliche und allseits respektvolle Weise umzugehen. Er sucht aktiv das Interesse des Kindes und ist beseelt von der Neugier auf die Eigenart der heranwachsenden Persönlichkeiten, für deren Wohlergehen zu sorgen sein Beruf und noch mehr: seine Berufung ist.
Die Bedeutung des Lehrers / der Lehrerin kann dabei gar nicht hoch genug eingeschätzt – und wertgeschätzt – werden.
Auf der Leinwand erscheint die Zusammenfassung der „Sieben Geschichten“ Maria Montessoris, welche den gesamten Lehrplan umfassen: Diese sind bestechend in der Logik ihres Aufbaues. Was für ein hochineressanter Ansatz – und das Besondere: heute noch immer aktuell, ja sogar zukunftsweisend – revolutionär möchte ich fast sagen. Klaus-Dieter Kaul zeigt uns Bilder aus dem Unterricht, erzählt Vorkommnisse und Erfahrungen, gibt Einblick in Schulen, wo diese Prinzipien umgesetzt werden.
Im Anschluss daran verschiedene Wortmeldungen, eine kurze Podiumsdiskussion. Im Publikum auch Josef Reichmayr, innovativer Direktor der Integrativen Lernwerkstatt Brigittenau, Initiator dieses Vortrages im Amtshaus des Bezirkes.
Bei meiner Ankunft war mir auf der Verglasung der Eingangshalle ein Zettel aufgefallen: „Das streuen von Konfetti… ist verboten.“ Schade…, denn eigentlich sollte man es feiern, wenn sich plötzlich mit aller Selbstverständlichkeit Perspektiven der Sinnhaftigkeit eröffnen als wären sie schon immer da gewesen, und wenn man jemandem begegnet, der diese so klar darzustellen vermag, wie Claus-Dieter Kaul. So hatten wir aber wenigstens Lichterketten an den Fenstern. Ein wenig Feierlichkeit – und auch ein kleines Buffet mit Kuchen und Sandwiches.
Die religiösen und kultischen Symbole werden Stück für Stück von der Bühne geholt, vorsichtig zurück in eine Kiste gepackt, die Bilder und Beschriftungen eingesammelt, und die große Weltkarte wird zusammengefaltet.
Ich wünsche plötzlich, ich wäre ein Kind, und könnte morgen zur Schule gehen, um all das wieder aufzubauen.